Mauersegler #2: Im Zwischenland

Um in das Babylon Kino 3 zu gelangen, muss man einen Seiteneingang passieren und eine enge, steile Wendeltreppe hinaufsteigen. Als führe der Weg in ein abseits gelegenes Archiv oder eine verwunschene Rumpelkammer, in der so manche Schätze verborgen sind und darauf warten, (wieder-) entdeckt zu werden.

Die Mauersegler Retrospektive ist eine filmische Entdeckungsreise in die Vergangenheit. Die gezeigten Filme kennzeichnet ein eigentümlicher Schwebezustand, ein Dazwischensein. In Einmal in der Woche Schrein werden Heranwachsende im Ostberlin der 80er Jahre begleitet, in der Phase zwischen Kindheit und Jugend, zwischen Langeweile und Aufbruch. Tilda Swinton fährt 1988 in Cycling the Frame den Berliner Mauerstreifen entlang. Dabei stößt sie auf der „Insel Westberlin“ auf Leer- und Zwischenräume, die sich scheinbar selbst genügen. Das Idyll braucht die Grenze, ohne sie als solche wahrzunehmen.

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Die 18-jährige Marienetta Jirkowsky findet bei der spontanen Flucht zwischen Stacheldraht und Mauer ihren Tod, davon erzählt der Animationsfilm Micky. Oliver Rauch portraitiert in Im Schatten der Mauer das Leben in Klein Glienicke, ein bewohntes Niemandsland zwischen den Grenzen. Im Übergang von Grenzöffnung und Vereinigung – die ersten Mauerelemente verschwinden bereits – werden in Gesprächen mit Bewohnern und Grenzern Erwartungen eingefangen; gefüllt mit der Hoffnung auf eine Zukunft, sind ihnen die Enttäuschungen bereits eingeschrieben.

Nächste Vorführung: 16. November 2014, 21:00 h, Roter Salon

Text: Michael Hacker, Foto: Sven Gatter